Hallo,
kurze Info zu mir vorab:
Ich bin ein Newbie, was die Pilzzucht angeht und habe mich neu angemeldet. Ich lese zur Zeit zwar viel, aber viel Ahnung habe ich nicht. Meine Ausrüstung beschränkt sich auf die üblichen Baumarkt- und Haushaltsutensilien. Ich habe mir auch sterile Spritzen zum Injizieren von Leitungswasser nach der Ernte in das Myzel geholt, um das Tauchen der Ballen zu vermeiden. Ich lebe in der Stadt und habe keinen Keller noch Garten. Die Zuchttöpfe stehen im Flur.
1. Was ich bisher gemacht habe:
Kaffeesatz gesammelt und frisch in Beuteln eingefroren. Vier Plastikblumenkübel mit je zwei passenden Untersetzern aus dem Baumarkt geholt, abgewaschen und im Backofen für ein paar Minuten auf 130°C erhitzt (verformen sich leicht, gehen dann aber in die Ursprungsform zurück. Temperatur mit IR-Thermometer überwacht). Den Kaffeesatz aufgetaut und auf dem Backblech im Backofen für 20 Minuten bei 180 bis 200°C gebacken und getrocknet. Nach dem Abkühlen soviel frisches Leitungswasser zum Kaffeesatz gegeben, dass beim Pressen mit der Hand sich nur Wasserperlen zwischen den Fingern zeigen, jedoch nichts abtropft. Dann die Brut mit Einweggummihandschuhen untergemischt (Körnerbrut), den Topf auf einen Untersetzer gestellt, befüllt und einen Untersetzer drauf getan. Seltenst habe ich etwas Leitungswasser aufgesprenkelt, damit die Oberfläche im Topf nicht austrocknet (Kondenswasser am Deckel).
Die abgedeckten Töpfe werden häufiger besprenkelt, damit da immer ausreichend Feuchtigkeit da ist.
2. Aktueller Stand - zur Zeit ziehe ich nur auf reinem Kaffeesatz (ohne sonst was drin):
a. Flamingoseitling (Deckel ist seit ca. 5 Tagen runter; nach zwei Wochen hat die Fruchtung eingesetzt - das Wachstum ist wie Fernsehen! Wenn das so weitergeht, ernte ich die kommenden Tage das erste Mal!)
b. Zitronenseitling (nach zwei Wochen hat auch hier die Fruchtung eingesetzt - das Wachstum ist schnell, aber langsamer als beim Flamingo; Deckel ist seit ca. 5 Tagen runter)
c. Austernseitlinge (die fangen nach drei Wochen an, die ersten Primordien zu bilden - werde ich die Tage abdecken)
d. Pioppino (nach drei Wochen hat er das Substrat vollständig besiedelt. Mal sehen wie es weitergeht - noch zugedeckt)
Scheint soweit alles zu funktionieren.
4. Ich komme gut an Kaffeesatz und ziehe viele Kräuter und Salate auf dem Balkon. Kompostieren geht aber auf dem Balkon nicht. Ich habe folgendes mit der Pilzzucht vor:
a. Kaffeesatz bzw. Substrate mit hohem Kaffeesatz-Anteil mit Pilzen zersetzen und der Erde der Pflanzen als natürliche Startdüngung untermischen.
b. Dabei frische Pilze ernten und weniger Erde kaufen müssen.
Dazu will ich die Pilze in den Töpfen für zwei bis drei Fruchtungen ziehen, dabei jedes mal die obere Schicht des Topfinhaltes entfernen und etwas von dem darunter befindlichen Teil des Myzel zerkleinen, mit frischen Substrat mischen, auf den alten Ballen geben und das ganze mit einer Schicht reinen Substrats abdecken, den sauberen Deckel draufsetzen und dann regenerieren lassen, bis die nächste Fruchtung einsetzt.
Nach dem zweiten oder dritten Durchgang will ich komplett neun ansetzen. Dann wird der äußere Teil des Myzel-Ballens entfernt und als Startkultur nur das "Herz" des Ballens verwendet und zerteilt mit neuem Substrat im Topf angesetzt.
Das übrige Altsubstrat kommt in eine Tüte zum "Mitnutzen weitere Fruchtungen". Wenn da nichts mehr kommt, wird das Altsubstrat als Dünger/Erde auf dem Balkon genutzt.
5. Meine Fragen an die Wissenden:
a. Kann die unter 4. genannte Methode funktionieren oder ist es besser immer neue Zucht zu kaufen und frisch anzusetzen? Wird mit der Methode die Fruchtung weiterlaufen oder altert das Myzel irgendwann durch das Klonen? Was kann ich da besser machen oder optimieren?
b. Ist es sinnvoll das Altsubstrat mit der Blumenerde bei Kräutern zu verwenden oder gibt es da Probleme? Sollte ich das Myzel vorher abtöten (Schwammerl im Kräuterkübel stören mich nicht, solange die den Pflanzen keinen Ärger machen oder deren Schädlinge anlocken)?
Hat da jemand Erfahrung mit der Verträglichkeit zu Kräutern und Salatpflanzen?
c. Ich sehe mich nach Optimierungsmöglichkeiten für das Substrat um. Ich möchte ggf. Strohpellets, feine Buchenholzspäne und etwas Naturgips und -kalk zum Kaffeesatz zu geben. Da ich das Substrat nach Verbrauch der Erde beimischen möchte, soll natürlich weniger Späne rein. Und weil nichts faulen soll, will ich den Stroh-Anteil natürlich auch etwas begrenzen. Die Strohpellets und die Späne gedenke ich mit dem Gips& Kalk im Dampfkochtopf zu kochen.
Frage: Was wäre so ungefähr das optimale Mischungsverhältnis von
trockenen Strohpellets/Wasser/Gips/Kalk
bzw. Späne/Wasser/Gips/Kalk im Topf?
d. Macht die Zugabe von Ammoniumdihydrogenphosphat bei Kaffeesatz-Substraten Sinn? Und wenn ja, wie viel sollte da rein?
e. Ich habe keine optimalen Zuchtbedingungen in der Wohnung und kann die auch nicht bieten. Wie sieht es mit der Zucht über die Wintermonate aus? Geht das und was müsste ich dabei beachten? Dunkel einlagern und nicht fruchten lassen oder normal weiter machen? Was wäre die maximale und minimale Temperatur in dieser Zeit?
f. Ich habe gelesen, dass schwarze Säcke oder lichtundurchlässige Eimer den Klarsichtpackungen vorgezogen werden sollten, da dann das Myzel nur die zur Fruchtung wirklich nötigen Primordien bilden und so geschont würde. Ist da was dran?
g. Gibt es außer Pio, Austern, Flamingos und Zitronen auch andere Arten, die auf Kaffeesatz gedeihen?
h. Zu guter Letzt: ich denke darüber nach, zwischen die Kräuter Pilze direkt in die Kästen auf dem Balkon "zu pflanzen". Hat da jemand Erfahrung? Ist das gut für die Kräuter? Wenn ja, welche Pilze und was müsste ich da beachten?
Sorry für die vielen Fragen, aber ich habe diesbezüglich wenig Infos gefunden.
Grüsse!
Michael